Henry

29.11.2022

Henry war zu diesem Zeitpunkt allerdings erst den 2. Tag in seinem neuen Zuhause.

Deshalb empfahl seine Pflegestelle, dringend uns zu kontaktieren.

Wir fuhren umgehend mit unserer neuen Lebenfalle zum Entlaufort und stellten sie im Garten auf.

Henry entlief seinen Besitzern am 12.11.22 durch ein Missgeschick aus dem Auto. Bis zum 13.11.22 hielt er sich um das Haus in Seewald-Göttelfingen auf.

Dort lag Henry 30 Minuten vor unserer Ankunft noch entspannt auf einem Stein.

Während des Aufstellens war allerdings nichts von ihm zu sehen.

Plötzlich bremste ein Auto auf der angrenzenden Straße stark ab. Uns rutschte das Herz in die Hose.

Doch von Henry war weiterhin nichts zu sehen.

Weitere 20 Min. später kam ein Anruf bei einer Anwohnerin an, Henry sei im Grömbach.

Da die beiden Ortschaften 15 Km auseinander lagen, hatten wir die Vermutung, dass er von dem Auto erschreckt wurde und fluchtartig zu rennen begonnen hatte.

Nun ging es Schlag auf Schlag.

Dank all der aufmerksamen Anwohner bekamen wir eine Sichtung nach der anderen herein.

Henry lief in ein paar Stunden einen recht großen Bogen bis nach Altensteig.

Dort hielt er sich trotz spielender Kinder für mehrere Stunden an einem Spielplatz auf.

Er nahm Kontakt zu einer Hündin auf, die dort mit ihrer Familie spazieren war.

Leider ließ er sich aber nicht sichern und sprang in die Nagold.

Auf der anderen Seite des Baches konnten wir seinen Fußspuren folgen und stellten fest, dass er exakt den Weg genommen hatte, den wir kurz zuvor gelaufen waren.

Tatsächlich gab es 5 Minuten später die 1. Sichtung direkt im Garten von unserer Kollegin Sandra.

Sofort fuhren wir dorthin und stellten Lebendfalle Nr. 2 auf.

Alles wurde lecker eingeduftet mit Leberwurstbrühe und Co.!

Noch während des Aufbaus gab es weitere Sichtungen:

Die Polizei meldete Henry entlang der B28 auf direktem Weg in Richtung Nagold.

Wir richteten entlang der Strecke mehrere Futterstellen ein. Henry lief an allen einfach vorbei.

Immer mal wieder turnte er auf der Landes- oder Bundesstraße herum und dann gab es beunruhigenderweise plötzlich 2 Tage keinerlei Sichtungen mehr.

Diese Zeit nutzten die Besitzer und wir zum Plakatieren.

Dann ging eine Sichtung in Huzenbach ein.

Wir konnten gar nicht glauben, dass er so extrem die Richtung gewechselt hatte und so weit gelaufen sein soll.

Die Besitzer machten sich dennoch auf den Weg, um Flyer zu verteilen. Nun wurde es wieder ein paar Tage still. Plötzlich kam ein Anruf 47 Km vom letzten, sicheren Sichtungspunkt entfernt und zwar auf dem Ruhestein.

Unglaublich was für Strecken Henry zurücklegte…

Überall wurden sofort Futterstellen eingerichtet, doch Henry nahm keine davon an.

Er wanderte wieder sofort 8 Km weiter entlang gefährlicher Hauptstraßen, besuchte den Nationalpark Schwarzwald und führte uns zusehends an der Nase herum.

Teilweise lagen zwischen den Sichtungen morgens und den Sichtung am selben Abend 25 Km oder mehr.

Wir waren langsam ein wenig ratlos und hatten das Gefühl, dass er unsere Futterstellen bewusst mied.

Dennoch schien er langsam Kontakt zu uns aufzunehmen und rannte nicht mehr sofort auf-und davon, wenn wir uns näherten.

Wahrscheinlich schwanden seine Kräfte so langsam und er merkte, dass wir ihm nichts tun wollten.

Als die Sichtungen wieder näher an den Entlaufort herankamen, hatten wir große Hoffnung, dass er den Leberwurstspuren in die Falle folgen würde.

Weit gefehlt!

Henry lief zwar auf den Spuren, ging aber mal wieder an den Futterstellen sowie an der Falle vorbei und verschwand wieder im Nirwana.

Am 27.11.22 hatten wir für den Tierschutzverein einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt in Altensteig.

Natürlich gab es pünktlich zu Schichtbeginn die ersten Sichtungen!

Was machte der Bub den bloß plötzlich wieder in Altensteig?

Wir trauten unseren Augen kaum:

Er stand mit einem Schlag direkt vor uns und machte dann noch – vor unseren Augen – einen Abstecher auf den Weihnachtsmarkt ???!

Da er anschließend direkt in den Wohnort von unserer Kollegin Melanie lief (ca. 8 Km entfernt) machte es immer mehr den Eindruck, als ob er den Kontakt zu uns aktiv suchte.

So stand er plötzlich genau vor Melanies Haus und wir stellten eine Kamera hin und und stellten ihm leckeres, gebratenes Fleisch quasi vor die Nase.

Henry muss ganz in der Nähe geblieben sein und kam tatsächlich in der Nacht wieder ans Haus zurück und lief direkt an unserem Auto vorbei, als wir dort frisches Futter für die anderen Futterstellen holten.

An das gebratene, duftende Dönerfleisch ging er aber wieder nicht, obwohl es direkt vor ihm stand.

Bis 23 Uhr gab es an diesem Abend Sichtungen und dann wurde es wieder still.

Wir waren langsam mit unseren Nerven und unserem Latein am Ende!

Am Montag gab es dann Sichtungen in einer komplett anderen Region.

Er schien in Richtung Freudenstadt zu laufen…

Melanie fuhr sofort hin und entdeckte ihn auf einer Wiese direkt neben der Bundesstraße.

Sie stieg vorsichtig und in Ruhe aus und setzte sich mit Futter in der Hand hinter ihr Auto.

Tatsächlich kam Henry zu ihr und fraß ihr aus der Hand (siehe 1. Foto), als plötzlich ein Spaziergänger mit einem Hund an ihnen vorbeilief. Der Hund bellte wild los und Henry raste vor Schreck auf-und davon.

Wir konnten es nicht fassen!

Am nächsten Morgen (29.11.2022) kam eine Meldung einer Mülldeponie direkt an der B294.

Dort hielt Henry sich wohl seit dem Vorabend auf.

Wir schnappten die Falle und fuhren direkt dorthin.

Die Mitarbeiter zeigten uns gerade eine Stelle, wo die Falle gut stehen würde, als das Telefon klingelte.

Sichtung: Schönegründ!

Also Falle wieder zurück in den Anhänger und los.

20 Km später und einige Sichtungen später, riefen dann die Besitzer bei uns an.

Sie konnten Henry sehen und zwar in Schwarzenberg auf einer Wiese.

Wir drehten sofort um.

Als wir dort ankamen, blieb Henry in der Nähe der Tochter. Leider ließ er sich aber mit nichts von Hand sichern.

Schnell lud Max (Sandras Sohn) ganz leise und vorsichtig die Falle aus dem Anhänger und stellte sie auf die Wiese und scharf.

In der Zwischenzeit versuchten wir Henry mit Leberwurst, Speck, Fleisch und allem Möglichen bei Laune und bei uns zu halten.

Sein Hunger war nach 2,5 Wochen und mehreren 100 Km wohl so groß, dass er uns die Finger abschleckte.

Wir waren nun so nah dran…

Plötzlich kam dann aber der Grundstücksbesitzer und drohte uns mit Schlägen, wenn wir nicht sofort verschwinden würden.

Wir versuchten ihm zu erklären, dass wir Ruhe bräuchten und dann auch schnell wieder weg sind.

Beleidigungen, Drohungen, Geschrei!!!

Sandra war den Tränen nahe!

Als der Grundstücksbesitzer anfing, mit dem Traktor direkt an der Falle herum zu fahren, sahen wir wie Henry sich wieder entfernte.

Das konnte doch nicht wahr sein!!!!

Als der Mann dann endlich verschwand, kam Henry glücklicherweise wieder auf uns zugelaufen.

Nun musste es schnell gehen!

Zentimeter für Zentimeter warfen wir das Futter näher an die Falle.

Henry ging bis zur Hälfte hinein und wartete, bis man ihm das nächste Stück von Hand durch das Gitter gab.

Auf die Wippe trat er aber nicht.

Sandra hörte im Hintergrund den Traktor wieder anfahren.

Schnell fütterte sie Henry mit der linken Hand und drückte die Wippe mit der rechten Hand händisch von außen nach unten!

Zack! Die Fallentüre fiel ins Schloss und der Spuk hatte endlich ein Ende!

Die Freude war riesig! 1000 Steine fielen uns vom Herzen!!!

Henrys Sicherung war ein Marathon mit sehr vielen Kilometern, sehr vielen Futterstellen, vielen Stunden Autofahrt, unglaublich viel Futter und vor allem viel Leberwurst, unendlich vielen Telefonaten mit der Polizei, den Jägern, dem Nationalpark, den Sichtern, den Helfern vor Ort und innerhalb des Teams usw.

Wir möchten uns von ganzem Herzen bei allen Beteiligten bedanken!!!

Ganz besonders dem Polizeirevier Nagold, das uns keinen Druck machte und das mithalf, wo es nur konnte!

Dankeschön den Jägern im Großraum Altensteig / Wart!

Dank gilt auch einer ganz lieben Frau aus Baiersbronn, die uns mit Futterstellen und Kontakten unterstütze und uns oft Mut machte, wenn wir am Boden waren!

Lieben Dank den Mitarbeitern der Deponie Bengelbrugg, dem Tierheim Freudenstadt, allen Sichtern und allen, die mitgefiebert haben.

Henry ist ein weiteres, großes Weinachtswunder gewesen!

Ende gut – alles gut!

Euer HEBW-Team