Queeny

05.09.16

Queeny oder die Königinnendisziplin
(Sicherungsbericht)

Queeny (aus Rumänien) ist am 26.06.16 zwischen Oberjettingen und Emmingen mit Geschirr und Flexileine entlaufen.

In den darauffolgenden Tagen wurde von Sandra, Meli und dem Besitzer geflyert wie wild und es gab daraufhin auch einige Sichtungen von Queeny mitten auf der Verbindungsstraße zwischen Oberjettingen und Emmingen – jeweils immer noch mit Flexileine.

Alle Versuche des Besitzers und der Pflegestelle Queeny „von Hand“ zu sichern, scheiterten… Dann plötzlich 3 Tage nichts mehr.

Wir gingen und gehen heute fest davon aus, dass Queeny während dieser Zeit irgendwo mit ihrer Leine festhing und empfahlen deshalb, Frank Weißkirchen (Hund entlaufen) mit einem seiner Suchhunde kommen zu lassen.

Queenys Besitzer entschied sich aber für einen anderen Suchhund, der Queenys Spur zwar aufnahm, sie aber nicht fand. Am selben Tag war auch ich vor Ort und mein kleiner Kuhdackel zeigte mir eine klare Richtung an…

Sandra und Melanie richteten deshalb am darauffolgenden Tag sofort mehrere Futterstellen im angezeigten Gebiet ein und Gott sei Dank biss Queeny dann auch nach diesen 3 Tagen an einer der Futterstellen im Entlaufgebiet an und uns fiel ein riesiger Stein vom Herzen.

Auf der Kamera war deutlich zu sehen, dass sie sich sowohl des Geschirrs als auch der Leine entledigt hatte.

Wir beschlossen, noch weitere 2 Tage zu warten, um zu sehen, ob sie tatsächlich „regelmäßig“ zur Futterstelle zurückkehrt, was sie glücklicherweise tat und beschlossen dann, eine Falle auf-und scharfzustellen.

Queeny folgte zunächst bilderbuchmäßig unserem Plan, schlich um die Falle herum, hatte Interesse, fraß die Lockstückchen am Anfang der Falle und wir waren guter Dinge, dass wir sie bald gesichert bekommen.

Leider sollte es aber ganz anders kommen…

Wir verstehen bis zum heutigen Tage nicht, was in der Nacht vom 06.07. auf den 07.07.16 genau passierte, weil die Cam nur die Hälfte der Falle ablichtete…

Queeny ging am 07.07.16 um 4:35 Uhr in die Falle. Vermutlich löste sie die Wippe mit der Schnauze aus und legte sofort mit voller Wucht den Rückwärtsgang ein und nutzte die 1/2 Sekunde, die es benötigt, bis der Bügel, der die Falle fest verschließt, braucht, um rückwärts aus der Falle zu entkommen.

Wir waren fix-und fertig mit der Welt, schauten uns das Video 500x an, um den Fehler zu finden und waren völlig ratlos.

Dieses Erlebnis traumatisiert mich (Nadja) persönlich bis zum heutigen Tag. Man fängt an, an sich und der Welt zu zweifeln. Es passierte etwas, was nicht passieren durfte und man steht da und weiß nicht mehr, wo vorne und wo hinten ist… Totale Selbstzweifel plagen einen…

Wir haben mit dieser Falle schon unzählige Hunde gesichert und hielten das, was wir auf unserer Kamera sahen, eigentlich für absolut unmöglich und dennoch passierte es…

Da Queeny sich fürchterlich erschrocken hatte, fingen wir nun selbstverständlich wieder bei 0 an.

Sie kam zwar wenige Stunden später wieder an die Futterstelle, war jedoch verständlicherweise mit absolut NICHTS mehr in diese Falle zu bewegen.

Was nun?

Wir entschieden uns gemeinsam mit Queenys Besitzer und dem Tierheim BB (aus dem Queeny stammte), Frank Weißkirchen mit einer Distanznarkose zu beauftragen. Frank war sofort bereit zu helfen und kam, um sich an Queenys Futterstelle in Deckung zu legen – insgesamt 3x in den Schwarzwald…

Allein… Queeny kam in diesen 3 Nächten (die wir in unterschiedlichen Konstellationen fernab des Geländes mucksmäuschenstill und schlaflos in unseren Autos verbrachten) nicht! Und zwar, egal, wie gut zuvor die Deckung vorbereitet und eingeführt haben. Sie roch jedes Mal sofort Lunte und Frank Weißkirchen hatte deshalb keinerlei Chance auf einen Schuss. Es war zum Verzweifeln…

Neue Strategien mussten her.
Wir richteten für Frank eine weitere Futterstelle in der Nähe eines Jägerstandes, auf neutralem Gebiet ein und tauschten die Falle gegen 2 weitere Fallen aus! Diejenige der „Tierrettung Mittlerer Neckar“ und gegen unsere eigene, die vorher nicht zur Verfügung stand.

Die Tierrettungsfalle stellten wir auf das ursprüngliche Gelände, aber an eine andere Stelle und unsere Falle integrierten wir so in einen Schuppen, dass sie als Falle nicht mehr erkennbar war, sondern als Eingang in den Schuppen fungierte…

Queeny nahm beide Futterstellen an, aber es sollte wieder etwas schiefgehen…

Als wir feststellten, dass Queeny die Falle im Schuppen annahm, stellten wir diese wieder scharf und wie der Teufel es so wollte, kamen in dieser Nacht zum allerersten Male auch eine Katze und ein Igel in die Falle und unglücklicherweise schaute Queeny zu, wie die Katze die Falle auslöste und gefangen wurde.

Als ich nach dem Fallenalarm die Katze in der Nacht befreite, war Queeny natürlich über alle Berge. Was ich beim Auslesen der Cam sah, versetzte mir einen erneuten Schlag und tatsächlich tauchte sie danach insgesamt 3 Tage nicht mehr an dieser Stelle auf und als sie wieder dort auftauchte, war sie auch dieser Falle gegenüber sehr misstrauisch…

Gott sei Dank kam sie aber weiterhin regelmäßig zur Tierrettungsfalle und fraß dort!

Da die Falle der Tierrettung sehr lang ist und damit innerhalb der Falle ein recht langer Weg zurückzulegen ist, mussten wir Queeny, die nun übersensibel war, Zentimeter für Zentimeter in die Falle hineinfüttern. Sobald der Napf nur 2mm zu weit vorne stand, verzichtete sie lieber gänzlich auf Futter. Es war ein einziges Vor-und Zurück und das über viele Wochen hinweg. Nebenbei wurde kontinuierlich mehr Druck aufgebaut vonseiten des Jagdpächters, des Grundstückseigentümers, des Besitzers und des Ordnungsamtes, sodass wir manchmal wirklich an unser Limit kamen. Die Nerven aller Beteiligten lagen mehr als blank… Ich verbrachte unterdessen zahlreiche Nächte auf dem Campingplatz, im Hotel usw… Es sollte einfach nicht sein…

An dieser Stelle aber ein riesiges Dankeschön an den besten Vater der Welt!!

Mein Vater fütterte Queeny mit einer stoischen Ruhe insgesamt 2,5 Monate lang mit bestem Futter – teils mit mir – teils ohne mich mit einer Engelsgeduld jeden einzelnen Abend innerhalb dieser 2,5 Monate … Die Videos, die wir mitunter von der Tierrettungsfalle zu sehen bekamen, schlugen teils wirklich dem Fass den Boden aus. Queeny schickte sowohl den Igel und die Katze, die nun Stammgäste waren vor in die Falle und beobachtete, ob ihnen etwas passierte. Erst nachdem diese ungestreift gefressen hatten und die Falle wieder verließen, speiste die Königin. Wir wussten manchmal nicht, ob wir sie geistig knuddeln oder verfluchen sollten. Queeny toppte in jeder Form alles, was wir bisher erlebt hatten…

Am 28.08.16 war Queeny dann das erste Mal ganz hinten in der Tierrettungsfalle und betrat die magische Wippe. Die Falle war zu diesem Zeitpunkt bewusst noch nicht scharfgestellt, weil wir keinerlei Risiko mehr eingehen wollten. Leider ließ Queeny dann wieder ein paar Tage aus, ging wieder nur 1/3 hinein usw…

In der Nacht vom 03.09. auf den 04.09.16 stellten wir die Tierrettungsfalle dann wieder scharf, aber auch in dieser Nacht durchkreuzte ein Windstoß unsere Pläne, der den Teppich am Anfang der Falle in eine ca. 5cm hohe Falte warf, welche die Königin nicht überquerte…

Wir fingen langsam an, über einen roten Samtteppich für Ihre Majestät nachzudenken…

In der darauffolgenden Nacht sollte das Glück aber endlich auf unserer Seite sein!

Um 2:26 Uhr klingelte mein Fallenalarm. Ich machte mich mit gemischten Gefühlen auf den Weg zur Falle…
Irgendwie fiel es mir schwer zu glauben, dass es tatsächlich geklappt haben könnte, aber als ich zur Falle kam, saß sie tatsächlich in ihr.

Mein Herz sprang zum Himmel! Ich heulte vor Glück und nach kurzzeitiger Panik auf Seiten Queenys, legte sie sich in der Falle neben mich und fing an zu schlafen!

Ich verständigte Sandra und Melanie, welche sofort kamen und wir transportierten Queeny ins Tierheim BB.

Dort angekommen, legte sich Queeny sofort in ihr altes Körbchen und ließ sich sogar von uns streicheln!

Ende gut – alles gut… Wir haben es mitunter nicht für möglich gehalten…

Ein ganz herzliches Dankeschön an Klaus Altmann für sein Vertrauen, an das Tierheim Böblingen, das keine Mühen scheute, um alles dafür zu tun, Queeny zu sichern, an Sandra Calmbach und Melanie Jakob für ihren kontinuierlichen Einsatz für Queeny, an Familie Gostečnik für die Geduld mit uns auf ihrem Grundstück, an Sascha Fortenbacher für die Genehmigung, die Falle in seinen Schuppen zu stellen, an Uli Zeh, der ebenfalls sofort bereit war, sein Grundstück mit Schuppen zur Verfügung zu stellen.

Besonderen Dank auch an Frank Weißkirchen, der zu einem „Nasenwasser“ bereit war, mehrfach sich die Nächte im Schwarzwald „um die Ohren zu hauen“ und 2100 Km für Queeny zu fahren, ohne dass sie ihn mit ihrer Anwesenheit beehrte.

Tausend Dank an die „Tierrettung Mittlerer Neckar“ für das Leihen der Falle, sowie an Kekz für das Bringen der Falle aus Ludwigsburg.

Lieben Dank an Sabine Störzer und Andrea Schwalbert für die Unterstützung in den Nächten, in denen Frank da war und die ständige Anteilnahme!

So einen Fall wie Queeny packt nur ein Team und das waren wir!

Zu guter Letzt ein herzliches Dankeschön an mein tolles Team hier bei HEBW, die phasenweise alles hier alleine schmeißen, während ich irgendwo im Wald „rumkrieche“ und mir dadurch extrem den Rücken freihalten!

Alles Liebe für Queeny!
i.A. Nadja mit dem gesamten Team von HEBW