Atemie

01.09.15

Atemie ist am 04.08.15 in Ebhausen zwischen Nagold und Altensteig nach 12 Stunden bei ihrem potenziellen, neuen Besitzer entlaufen. Ich habe mich deshalb entschieden, auf den Sommerurlaub zu verzichten und mich für unbestimmte Zeit in den Schwarzwald zu begeben. Die Tatsache, dass Atemie weder einen Bezug zur Gegend noch zum neuen Besitzer hatte, machte ihre Sicherung zu einer ziemlichen Herausforderung. Sie lief und lief und lief und war nahezu in allen Ortschaften um Altensteig und Nagold herum (Ebhausen, Nagold, Rohrdorf, Ebershardt, Wenden, Neubulach, Altbulach, Wildberg, Pfrondorf, Emmingen, Kernen, Gündringen, Unterschwandorf, Egenhausen, Walddorf, Bösingen, Spielberg, Pfalzgrafenweiler, Altensteig, Überberg und zuletzt Monhardt) und war zunächst durch nichts zu stoppen. Wir tapezierten sofort die komplette Gegend mit Suchplakaten und wussten dadurch immer recht genau, wo sich Atemie gerade befand, aber Atemie machte es uns wirklich sehr schwer. Sie nahm nämlich fast 3 Wochen lang, keine Futterstelle an – trotz der Tatsache, dass wir (Sunas Besitzerin und ich) bei jeder Sichtung zeitnah vor Ort waren und und in Ruhe und ganz vorsichtig Futterstellen an den Sichtungspunkten und an potenziellen Laufwegen plazierten. Schließlich war es immer wieder nicht klar, ob nun Suna oder Atemie gesichtet wurden, weil sich die Sichter nicht immer sicher waren. Wir haben immer wieder versucht, uns auf Grundlage der Sichtungskarte zu überlegen, welche Wege sie einschlagen könnten bzw. wo sie rauskommen könnten. Ich selbst stand während der Suche insgesamt 7x ca. 50-100m von Atemie entfernt und konnte doch nichts anderes unternehmen, als sofort Futterstellen einzurichten. Mich ihr irgendwie zu nähern, gab ich bereits nach dem ersten Sichtkontakt auf. Atemie wirkte völlig gehetzt, verängstigt und gestresst und es war mir sofort klar, dass sie sich niemals anlocken bzw. von Hand sichern lassen würde. Unterwegs hatten – eigenen Aussagen zufolge – viele Menschen versucht, sie einzufangen. Dies ist ein völlig nachvollziehbarer, aber leider oft kontraproduktiver Reflex. Um sie also unter keinen Umständen noch weiter zu verunsichern und in Gefahr zu bringen, machte ich nur jedes Mal Futterstellen mit Wildbeobachtungskameras, in der Hoffnung, dass sie irgendwo anbeißt und wir sie via Falle oder Distanznarkose sichern können. Zwischendurch war Atemie dann auch einen gesamten Tag auf der Bundesstraße zwischen Pfrondorf und Wildberg unterwegs, was dazu führte, dass Ann-Kathrin und ich einen halben Tag mitunter der Nagolder Polizei hinterherfuhren, weil diese das so wünschte. Das war der blanke Horror!!
Zumal jeder zweite Autofahrer versuchte, sie zu sichern, was zu immer größerer Panik bei ihr führte und die Polizei unruhig werden ließ.

Am 20.08.15 hatten wir dann in Überberg ein kleines Erfolgserlebnis, an das wir große Hoffnungen knüpften. Ich war gerade mit Ann-Kathrin (Besitzerin von Suna) unterwegs, um für Suna Futterstellen einzurichten, als Atemie plötzlich völlig unerwarteter Weise in diesem Ort auftauchte und 100 m von uns entfernt im Feld stand und dann auf den Feldern Richtung Ortskern lief. Wir sind sofort ins Auto gestiegen und haben auf ihrem Laufweg ihr vorauseilend Futterstellen platziert und konnten dann aus der Ferne beobachten, wie sie sich ins Feld legte, ein bisschen schlief und dann mindestens eine der Futterstelle genüsslich leerfraß. Dort richteten wir dann dauerhaft eine Futterstelle mit Kamera ein. Aber leider hielt die Freude nicht lange an, denn Atemie kam kein zweites Mal mehr an diese Futterstelle, sondern lief wieder einige Ortschaften weiter. In der Zwischenzeit fanden Ann-Kathrin und ich noch 2 weitere ganz liebe und engagierte Mädels (Sandra und ihre Schwester Melanie) aus Überberg bzw. Spielberg, die uns beim Flyern und bei der Betreuung verschiedener Futterstellen halfen! Ein riesiges Dankeschön an die beiden!!! Sie haben ein großes Stück zu der Sicherung von Atemie beigetragen und haben „Connections“ zu Hinz-und Kunz in dieser Gegend, sodass wir von allen möglichen Seiten – auch den offiziellen – ab diesem Zeitpunkt ganz und gar unglaubliche Unterstützung erfuhren! In der Hoffnung, dass Atemie noch in der Gegend ist, stellten wir auch 1 Tag später bereits eine Lebendfalle in Überberg auf und hielten Nachtwachen im Ort. Leider war Atemie aber bereits zu diesem Zeitpunkt weitergezogen. Da sie dann offenbar ihre aktive Laufzeit auf die Abendstunden nach Einbruch der Dämmerung verlegte, wurden auch die Sichtungen seltener und wir waren ein wenig der Verzweiflung nahe…

Aber dann kam am 29.08.15 der entscheidende Hinweis von Peter Wüterich aus Altensteig-Monhardt. Er ist Landwirt und beobachtete bei der Feldarbeit Atemie am Samstagnachmittag auf einem seiner Felder schlafend unter einem Baum. Er rief uns an und wir richteten dort eine Futterstelle mit Kamera ein und siehe da… 1 Tag später war Atemie 3x in der Nacht vor unserer Kamera und das auch an den folgenden Tagen… Deshalb transportierten wir gestern Nachmittag die Falle an diese Futterstelle und bestückten sie mit Leckereien.
Plötzlich blieb aber Herr Wüterichs und mein Herz fast stehen…

Sandra, die am Auto geblieben war, teilte uns mit, dass Atemie am Rande eines Maisfeldes stehe und uns genaustens beobachte… Wir versuchten deshalb möglichst schnell dort wieder wegzukommen. Ich habe die Falle mit Brathühnchen, Cheeseburger und grünem Pansen bestückt, scharfgestellt und mit Leberwurst eingerieben und den Fernmelder aktiviert und Herr Wüterich und ich sind „schnell“ (soweit man bei einem landwirtschaftlichen Frontlader davon sprechen kann) wieder weggefahren. Irgendwie war mir ziemlich mulmig zumute, weil ich Atemies Fluchtverhalten kannte und mir nicht sicher war, ob ihre Beobachtungen nicht zur Flucht führen könnten. Sandra und ich begaben uns auf den Hof von Wüterichs und versuchten mit dem Fernglas von deren Balkon aus, das Geschehen zu beobachten. Atemie ließ sich aber noch nicht blicken. Es war also noch etwas Geduld gefragt. Sandra musste auch zurück zu ihrer Familie und so stellte ich mich mit dem Auto in die Ortsmitte und harrte der Dinge… Um 21:38 fuhr ich zusammen: Fallenalarm via Fernmelder…

Ich machte mich sofort auf den Weg in den Wald und siehe da… Atemie saß in der Falle!!!!
Ihr könnt euch nicht vorstellen, welche Glücksgefühle dieser Moment mit sich bringt!
Man schließt diesen – einem im Grunde unbekannten Hund – bei einer solchen intensiven Suche sehr ins Herz, macht sich unterwegs so viele Sorgen und Gedanken, dass dieser Moment etwas absolut Magisches ist. Es treibt mir jedes Mal die Tränen in die Augen… Einfach wunderschön!!!

Ich bin unglaublich glücklich, dass wir diesem Mädel helfen konnten und es zeigte sich auch mal wieder, dass man bei richtiger Handhabung, Hunde wunderbar und schonend via Lebendfalle sichern kann.

Atemie wurde in der mehrfach gesicherten Lebendfalle von Mitarbeitern des Tierheims Ludwigsburg abgeholt und befindet sich nun dort, so lange die „Besitzverhältnisse“ noch ungeklärt sind.

Ich bedanke mich demütig dafür, dass Atemie sich von uns sichern lassen hat!!!

Dann gebührt mein Dank: den Weihers, Silke Pontzen, meinem Team hier bei HEISUU und allen voran Britta, die sehr für mich da war. Dann selbsverständlich Ann-Kathrin, die eigentlich ihre Suna sucht und dennoch jederzeit bereit war, auch viel, viel Zeit in Atemie zu investieren. Dann natürlich Sandra und Melanie! Ohne euch wäre sehr Vieles nicht so unkompliziert möglich gewesen! Meinem Vater danke ich, weil er mich 3 Wochen lang ertragen hat…

Auch danke ich von Herzen Johnny und Jenny vom Tierheim Ludwigsburg, die uns die Falle nach Überberg brachten und selbst auch eine Nacht dort verweilten.

Ferner bedanke ich mich bei Frank Weißkirchen und Ursel Gericke für ihre blutigen Ohren und Augen und ihren Zuspruch (auch zum Thema: Falle!) und zu guter Letzt bei all den wunderbaren Menschen, die uns in Überberg und Monhardt so unglaublich viel geholfen haben. Ich habe bei keiner Hundesuche bisher soviel unkomplizierte Hilfe erhalten. Einfach großartig!!! Danke an Andrea Diana Schwalbert und Sabine Störzer für die Unterstützung beim aktiven Flyern vor Ort und an alle, die Atemies Flyer geteilt haben. Danke an Thekla Weber (meinen Glücksbringer), Thomas Jusik, Sabine und Jasmin! Sie wissen warum!

Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen!
Liebe Grüße,
i.A. Nadja mit dem gesamten Team von HEBW